Religionswissenschaftlerin und Indologin Wissenschaftliche Referentin für Weltreligionen Lehrbeauftragte für Indische Religionen
Religionswissenschaftlerin und IndologinWissenschaftliche Referentin für WeltreligionenLehrbeauftragte für Indische Religionen  

Welche Feste der Religionen feiern Ihre äthiopischen Freunde, Ihre israelischen Arbeitskollegen, Ihre thailändischen Nachbarn, Ihre afghanischen Schüler oder Ihre indischen  Geschäftspartner?

Eine Torte für den Propheten Muhammad

(Milad un- Nabi, die Geburtstagsfeier für den Propheten Muhammad am 15.10.2022)

 

In der pakistanischen Moschee in der Müllerstraße 47 feiern heute die Frauen der Gemeinde den Geburtstag des Propheten Muhammad. Auch die Frau des pakistanischen Botschafters ist eingeladen. Einige Frauen haben schon auf dem Boden, der mit orientalischen Gebetsteppichen ausgelegt ist, Platz genommen. Andere laufen geschäftig hin und her, dekorieren den Raum, bereiten Essen zu oder machen Fotos. Am Eingang steht die Leiterin der Gemeinde und verteilt Gebetsketten an die eintretenden Gäste. Immer mehr Frauen treffen ein, darunter auch zahlreiche Kinder, kleine Mädchen mit bunten seidenen Gewändern, Jungen in indischen Anzügen. Auf einem podium-ähnlichen Platz haben drei Vorbeterinnen Platz genommen, davor stehen Blumen, Lämpchen sowie eine Laterne mit einem angezündeten Licht. Der Raum füllt sich, immer mehr Frauen in allen Altersgruppen sitzen bald dicht gedrängt nebeneinander. Sie tragen alle einen Salwa Kamiz in bunten und schillernden Farben, die nordindische Bekleidung eines langen Oberteils und einer Hose. Über den Kopf haben sie einen dünnen Schal geworfen. Dann beginnt eine der Vorbeterinnen, die sich mit einem weißen Kopfschleier von den anderen abhebt, ein melodiöses Gebet anzustimmen. Manche Frauen stimmen mit ein und wiegen sich dabei hin und her. Nach einer Ansprache in Urdu singen die Frauen weitere Lieder für den Propheten, sie nennen sie Duroods. Es sind Segens-Verse für den Propheten Mohammed (Darood, persisch für: Sei gegrüßt), sie haben einen indischen Sound und erinnern an Bhajans im Hindutempel, zugleich auch an Sufigesänge. In der Zwischenzeit geht eine Frau herum und besprüht die Anwesenden mit Parfüm. 

Die Frau des pakistanischen Botschafters, Dr. Sarah Naeem schneidet die Torte an für den Propheten Muhammad

Jetzt steht die Botschafterin, Dr. Sarah Naeem auf und hält eine Ansprache. Dann erfolgt der heiligste Moment des Nachmittags: Eine riesige Torte, die mit einem Segensspruch für den Propheten dekoriert ist, wird zu dem Gesang "Allahummah Salli Allah" angeschnitten. Danach werden Plastik-Tischdecken auf dem Boden ausgerollt und die Besucherinnen nehmen in langen Reihen Platz. Jetzt erhalten alle eine Schüssel mit Essen: scharfe pakistanische Fleischsoße mit Kartoffeln, als Nachtisch Grießpudding und bunten süßen Reis. Als krönenden kulinarischen Abschluss holen sich einige noch ein Stück von der geheiligten Torte des Propheten.

 

Jüdische Gemeinde Chabad Lubawitsch feiert das Laubhüttenfest in der Münsterschen Straße in Berlin, 13. Oktober 2022

Sukkot, das jüdische Laubhüttenfest

 

Im ersten Monat des neuen jüdischen Jahres, also vom 15.-21.Tischri feiern jüdische Gläubige das Sukkot, das Laubhüttenfest. Es geht auf eine Geschichte im Alten Testament zurück, nach der Gott (Lev.23, 33-43) die Israeliten anweist, sich Hütten zu bauen und hier 7 Tage lang zu wohnen, zu essen, zu trinken, Gott Opfer darzubringen und zu feiern. Dies sollten sie tun zur Erinnerung an die Hütten, in denen sie Gott hat wohnen lassen, nachdem sie aus Israel ausgezogen sind.

Heute bauen sich jüdische Gläubige entweder private Hütten in Gärten oder auf Balkonen und feiern dort mit Nachbarn und Freunden. Oder eine Sukka (Hütte) wird im Hof einer Synagoge aufgestellt, und die Gemeinde kommt am Nachmittag zusammen und feiert.

So auch in der Chabad Lubawitsch Gemeinde in der Münsterschen Straße in Berlin. Da schmückt in diesem Jahr vom 9.-16. Oktober ein großer geschmückter Holzpavillon den Hof der Synagoge. Jeden Nachmittag treffen sich hier Gemeindemitglieder, die aus verschiedenen Ländern stammen. Sie machen Musik, essen und trinken und tanzen. Ein besonderes Ritual ist dabei das Schütteln des Lulav. Der Lulav ist ein Strauß, der aus einem Weidenzweig, einen Myrtenzweig, einem Palmwedel und einem Etrog (Zitronenfrucht) besteht. Dieser Strauß wird in 6 Richtungen geschüttelt: nach oben und nach unten, nach hinten und nach vorn, nach rechts und nach links. Das soll Glück bringen. Chag Sukkot Sameach!

Arti-Zeremoni des Priesters vor der Göttin Durga am 04. Oktober 2022

Durga Puja/Navaratri/Dussehra- das 9-Nächte-Fest für die Göttin Durga 

 

Die Durga Puja ist ein Fest, das in ganz Indien zu Ehren der Göttin Durga im indischen Monat Ashwin (Septeber/Oktober) gefeiert wird. Ein besonderes Ausmaß nehmen die Feierlichkeiten im Bundesstaat Bengalen, hier vor allem in Kolkata ein, da Durga hier als populärste Göttin gilt.

Dem Fest der Durga-Puja liegt folgende Geschichte zugrunde:

Ein Dämon, namens Mahishashura“ hatte die Weltherrschaft errungen und die Götter aus dem Himmel vertrieben. Zornig darüber wandten sich diese an Shiva, Brahma und Vishnu, um deren Hilfe einzuholen. Aus dem gemeinsamen Zorn aller Götter formierte sich eine weibliche Gestalt und es entstand die Göttin Durga. Die Götter übermittelten ihr einen Teil ihrer Kraft, und auf einem Löwen reitend verwandelte sich Durga in Devi Chandika. In dieser grausamen Form enthauptete sie den Dämon, gab den Göttern ihre Macht im Himmel zurück und rettete damit die Welt. Seitdem kommt sie jedes Jahr im Herbst mit ihren Kindern Ganesha, Lakhmi, Saraswati und Kartikeya vom Berg Kailash herab, um ihr Elternhaus in Bengalen zu besuchen.

Seit 1975 organisieren bengalische Hindus in Berlin dieses Fest mit zahlreichen Zeremonien und Kulturprogramm. Lange Zeit fand es in den Klubräumen des Studentenwohnheims in der Harbigstraße/ Eichkamp statt. Seit 3 Jahren wird der Ganesha-Hindutempel in der Hasenheide dafür genutzt. Normalerweise dauert das Fest 10 Tage, in Berlin wird es an 5 Tagen rituell begangen, die in 5 rituelle Stationen unterteilt sind: die Enthüllung des Gesichtes der Durga-Statue, das Beleben der Statue durch das Einhauchen von Prana (Atem), die Durchführung von Opferzeremonien für die Götter, das Feiern des Sieges von Durga über den Büffeldämon sowie die Verabschiedung vor ihrer Rückkehr zum Berg Kailash. An diesen Festtagen zelebriert ein Priester morgens und abends eine Puja für die Göttin. Anschließend werden Tänze aufgeführt und Geschichten vorgelesen. Am Ende erhalten alle Besucher ein geweihtes bengalisches vegetarisches Essen.

Meskelfest am 24.09.2022 in Berlin-Lankwitz

Das Meskel-Fest/ Fest der Kreuzauffindung Jesu in der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche

 

Im Garten der Äthiopisch-Orthodoxen Tewahedo- Kirche steht eine Pyramide aus Hölzern und Grasbüscheln, eingehüllt in ein lilafarbenes Samttuch und geschmückt mit Gräsern und Blumen. Überall sitzen Frauen und Männer auf Bänken und lauschen den Predigten und Ansagen der königlich gekleideten Priester und Diakone. Heute ist Meskel, das Fest der Auffindung des Kreuzes von Jesus. Als die Pyramide angezündet wird, laufen Kinder aufgeregt umher. Frauen in weißen baumwollenen Wickelkleidern und Männer in bunten Gewändern beginnen zu trommeln und zu singen. Die Flammen schlagen immer höher, während sich die singenden Frauen und Männer zum Rhythmus der Trommel tanzend um das Feuer bewegen. Die brennende Pyramide soll an folgende Legende erinnern:

Einst hatte die griechische Kaiserin Helena einen Traum, in dem ihr offenbart wurde, wo das Kreuz von Jesus liegt. Daraufhin reiste sie nach Jerusalem und zündete zusammen mit Weihrauch ein Feuer an. Als der Rauch aufstieg und seinen Weg nahm, folgte sie diesem und kam zu der Stelle, an dem das Kreuz lag.

Während das Feuer allmählich kleiner wird, teilen einige Frauen das Meskel-Essen aus, auch dieses erinnert an die Kreuzauffindung und besteht aus dem gesäuerten Brot Injera, Grünkohl, genannt Kitfo, roh serviertem Rinderhackfleisch mit dem Namen Libs, Tibis, gekochten Rinderfleischwürfeln und Ayib, einem speziellen Frischkäse. Am Ende gehen einige Kinder zur Feuerstelle und lassen sich von einem Diakon ein Aschekreuz auf die Stirn malen. Das soll Glück und Segen bringen…..

Zum Gedenken an diese Kreuzauffindung kommen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba jedes Jahr am 27. September tausende vom Menschen zusammen, um das Meskelfest zu feiern. Es gilt als eines der größten Feste Afrikas. Auch die äthiopischen Diasporagemeinden in Deutschland feiern dieses Fest, wie hier in dieser Äthiopischen Kirche in Berlin-Lankwitz.

 

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