Wer ein hinduistisches Fest erlebt, wird von Farben, Düften und großzügigem Essen verzaubert. Und davon gibt es im Hinduismus mehr als genug. Der Grund: Zahlreiche Gottheiten haben Geburtstag. Wie z. B. Ganesha, zu dessen Fest Ganesha Chaturthi große Paraden stattfinden. Dabei werden die Statuen des Gottes auf hohen Wagen durch die Stadt gefahren, begleitet von unzähligen Menschen.
Andere Feste wiederum feiern den Sieg des Guten über das Böse, wie das zehntägigen Navaratri für die Göttin Durga, die nach den hinduistischen Überlieferungen zur Erde herabstieg und einen Büffeldämon bekämpfte. Oder das fünftägige Diwali, bei welchem das Götterpaar Rama und Sita mit zahlreichen Öllämpchen empfangen wird.
Viele Hindufeste basieren auf dem Kalender Saka Samvat, dessen Zeitrechnung 78 n. Chr. mit der Thronbesteigung des Königs Kanishka ansetzt und sich an Mond, Sonne und Sternkreiszeichen orientiert. Ein Monat beginnt mit dem Neumond, das neue Jahr in der Mitte des Monats März. Aktuell zählt der Saka Samvat Kalender das Hindu-Jahr 1947.
Feiertage im Hinduismus in Berlin im Jahreslauf
Diwali, das Fest des Lichtes und der Gemeinschaft
Shubh Diwali! Happy Diwali! Das indische Lichterfest im Sri Ganesha Hindutempel in Berlin-Neukölln, Oktober 2025
Während draußen ein kühler Herbstwind über die Straßen Berlins zieht, flackern in dem bunt geschmückten Gebetsraum des Berliner Shri-Ganesha-Hindu-Tempels überall Öllämpchen, ein Duft von Sandelholz und Essen liegt in der Luft. Es ist Montag, der 20. Oktober 2025. Auf roten Teppichen sitzen Menschen aus allen Teilen Indiens in farbenfroher traditioneller Kleidung, die Augen auf die goldglänzende Statue der Göttin Lakshmi gerichtet. Heute, am dritten und wichtigsten Abend des fünftägigen Lichterfestes Diwali, wird die Göttin mit einer Abisheka-Zeremonie geehrt – einem rituellen Bad aus Milch und heiligem Wasser, das Glück und Wohlstand bringen soll.
Da der Priester krank ist, springt heute das Tempelkomitee ein. Einige Frauen und Männer sind noch dabei, die rituellen Utensilien zusammenzustellen. Nun läutet ein Tempelmitglied die Glocke und die Zeremonie beginnt: Während Herr K. aus einem Buch Mantren in der uralten Sanskrit-Sprache rezitiert, lässt Frau G. aus einer silbernen Kanne langsam goldgelbe Safranmilch über die Statue der Göttin fließen.
Lakshmi steht für Glück und Wohlstand. Um ihren Segen mitzunehmen und damit auch die Hoffnung auf das gute Gelingen jeglicher Art von Vorhaben und Geschäften, kommen jetzt auch die Gläubigen nach vorn und erweisen der Göttin mit der rituellen Waschung die Ehre. „Please take less milk“, mahnt Herr K., denn die Milch muss reichen für die unzähligen Gäste, die jetzt eine lange Schlange bilden und darauf warten, der Göttin Lakshmi ein wenig Milch zu opfern.
Diwali, das Lichterfest, ist eine Erinnerung daran, dass Licht immer wiederkehrt, selbst nach längster Dunkelheit. Die alten Mythen erzählen vom Götterpaar Rama und Sita, die nach Jahren des Exils heimkehren und von einem Meer aus Lampen empfangen werden. Noch heute schmücken Hindus ihre Häuser, Wohnungen und öffentliche Plätze mit Lichterketten und Öllampen.
Inzwischen tragen einige Männer große Töpfe mit duftenden Speisen in den Tempel. Nach einer kurzen Segnung durch Mantrengesänge verwandeln sich gelber Gewürzreis, Kürbiscurry und süße Grießbällchen in Prasad – heilige Gaben, die Glück bringen sollen und anschließend an die Besucher verteilt werden.
Beim Essen setzt sich Soni neben mich. Ich schätze sie auf Anfang dreißig. Sie stammt aus dem indischen Bundesstaat Madhya Pradesh und wohnt erst seit Kurzem in Berlin. Den Ganesha-Tempel besucht sie heute das erste Mal. „um hier Leute aus Indien zu treffen“, wie sie mir mitteilt. Nach einigen Monaten in Stockholm kam sie nach Deutschland. Schweden war so gar nicht ihr Land, die Menschen dort empfand sie als sehr zurückhaltend. „In Berlin ist alles bunter und offener“ sagt sie. Am besten gefiel es ihr in Italien, doch war es da mit dem Arbeiten schwierig. „Eigentlich bin ich nicht religiös“, fährt sie fort. „Ich trage sonst westliche Kleidung und spiele in einer Mannschaft beim Frauenfußball. Aber Diwali ist das wichtigste Fest für uns Hindus, deshalb bin ich hier.“
Nun ruft Herr K.: „Please make faster, because we will start with Arati!“ Das Lichtschwenk-Ritual steht bevor – der Höhepunkt des Abends. Doch das erlebe ich nicht mehr. Immer mehr Menschen drängen sich in die Reihe der Wartenden, die gesamte indische Community ist auf dem Weg zu Lakshmi – und der Hoffnung auf Erfüllung des Wunsches nach Licht, Erfolg und Gemeinschaft in der Fremde.
So breche ich irgendwann auf und verabschiede mich mit „Shubh Divali. Happy Diwali! – Ein Frohes Diwali-Fest!“. Mögen alle Hindus in Berlin das Licht, die Wärme und Gemeinschaft finden, die sie in der Stadt suchen!
Das Fest der 9 Nächte für die Göttin Durga im Sri Ganesha Tempel Berlin-Neukölln
Sri Ganesha Tempel Berlin-Neukölln, Oktober 2024
Es ist Freitagabend, und in den Ganesha-Hindutempel in der Hasenheide strömen Hunderte von Menschen, um das farbenfrohe Fest der Durga-Puja zu feiern. Bei diesem Fest, auch bekannt als Navaratri – das Fest der neun Nächte, wird im indischen Monat Ashwin (September/Oktober) die mächtige Göttin Durga in aller Welt verehrt. Besonders in Bengalen und vor allem in Kalkutta hat die Durga-Puja eine immense Bedeutung. Hier wird die Göttin als populärste Gottheit gefeiert, und an fast jeder Ecke finden sich kunstvoll gestaltete Pandal – Pavillons, die überlebensgroße Statuen aus Lehm beherbergen. Am zehnten Tag, dem Vijaya Dashami, werden diese Statuen feierlich ins Wasser getragen und im Fluss versenkt – ein bewegender Abschied von der Göttin, der das Ende des Festes markiert.
Zu dem Fest erzählen sich Hindus folgende Geschichte: Ein Dämon, namens Mahishashura“ hatte die Weltherrschaft errungen und die Götter aus dem Himmel vertrieben. Zornig darüber wandten sich diese an Shiva, Brahma und Vishnu, um deren Hilfe einzuholen. Aus dem gemeinsamen Zorn aller Götter formierte sich eine weibliche Gestalt und es entstand die Göttin Durga. Die Götter übermittelten ihr einen Teil ihrer Kraft, und auf einem Löwen reitend verwandelte sich Durga in Devi Chandika. In dieser grausamen Form enthauptete sie den Dämon, gab den Göttern ihre Macht im Himmel zurück und rettete damit die Welt. Seitdem kommt sie jedes Jahr im Herbst mit ihren Kindern Ganesha, Lakhmi, Saraswati und Kartikeya vom Berg Kailash herab, um ihr Elternhaus in Bengalen zu besuchen.
Auch in Berlin erfreut sich das Fest jedes Jahr im Herbst großer Beliebtheit, denn der bengalische Verein Sarbojonin Durgotshob organisiert die Feierlichkeiten im Sri Ganesha Hindu Tempel. Zu diesem Anlass wird auf einem Podest die Statue der Göttin platziert, an welcher einige bengalische Frauen des Vereins die täglichen Rituale zelebrieren, wie z.B. das rituelle Einhauchen von Leben in die Statue oder das Opfern von Speisen. An 10 Tagen kommen Menschen aus verschiedenen Bundesstaaten Indiens, sowie Afghanistan, Sri Lanka, Nepal und Bangladesh in den Tempel, um der Göttin Durga eine Schüssel Reis und Obst hinzustellen, zu singen, zu beten und gemeinsam zu essen.
Heute, am 9. Tag herrscht reges Treiben. Bereits vor dem Eingang des Tempels lladen Stände mit indischen Spezialitäten wie Masala Dosa, Samosas und Pakoras zum Schlemmen ein. In der großen Tempelhalle platzieren bengalische Frauen Früchte, Blumen und Reis vor dem Durgabild, während ein Priester Verse aus der Heiligen Schrift: Dev Mahatmyam rezitiert. Inmitten des Raumes sitzen Kinder im Kreis und stopfen sich lachend süße, ölige Gebäckstücke in den Mund. Daneben segnet ein Tempelmitglied einige Gläubige, die sich betend niederwerfen. Als gegen 20:00 Uhr das Musikprogramm mit traditionellen indischen Tänzen, klassischer Tamilmusik und Bollywood-Hits aufgeführt wird, steigt die Stimmung und die Gäste klatschen laut und singen mit. Am Ende posieren zahlreiche Familien vor der Statue, machen Fotos und verzehren Prasad – süße Gebäckstücke, die Durga zuvor geweiht wurden. So tragen sie die Erinnerung an das Fest und den Segen der Göttin mit nach Hause.
Ter Tiruvila: Ein indischer Gott fährt durch Berlin-Britz
Wagenprozession für den tamilischen Gott Murugan um den Hindutempel Sri Mayurapathy Murugan in Britz | September 2023
Im tamilischen Monat Purattati (August/September) feiern tamilische Hindus in Südindien und Sri Lanka das Eelanallur Tiruvila-Fest. Dieses Fest besteht aus 26 Festtagen, an denen besondere Zeremonien für den Gott Murugan und seine beiden Frauen Vally und Devayana zelebriert werden.
Auch in Berlin wird dieses Fest jedes Jahr von der tamilischen Hindugemeinde Sri Lankas begangen. Und seit die Gemeinde ihren neuen Tempel in der Riesestraße in Britz hat, können in diesem Stadtteil Besucher nun jedes Jahr im Spätsommer an der großen Wagenprozession des Gottes teilnehmen und mittels leckerer indischer Kostproben, die vorher dem Gott geweiht wurden, dessen Segen empfangen. Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildet nämlich der 24. Tag, an welchem das Ter Tiruvila, das Wagenfest stattfindet. Hier wird die Festtagsstatue Murugans in besonderer Weise geschmückt und mit Ritualen geweiht. Anschließend wird die Bronzefigur auf einer thronähnlichen Sänfte aus dem Tempel herausgetragen und unter jubelnden Zurufen der Gläubigen auf einen buntgeschmückten Götterwagen gesetzt.
Während der Priester eine Licht-Zeremonie (Arti) vor Murugan zelebriert, hört man plötzlich ein lautes Krachen und Kokosnusswasser spritzt in alle Richtungen. Hinter mir werfen Frauen und Männer die braunen Früchte mit ganzer Kraft auf den Boden, dass die Schalen aufplatzen. „ Damit opfern wir unser Ego“ erklärt mir eine Besucherin. „So kommt das innere Göttliche, wofür das weiße Fleisch der Kokosnuss steht, zum Vorschein.“
Nun wird der Wagen in Bewegung gesetzt. An zwei Seilen ziehen rechts die Frauen, links die Männer das Göttergefährt durch die Straßen. Musikanten mit Trommeln und Blechblasinstrumenten führen den Prozessionszug an, gefolgt von Tänzern, die auf ihren Schultern schwere Hozbögen tragen. Diese sind mit Pfauenfedern, Blumen und Ketten geschmückt. Einige Frauen tragen Silbertöpfe mit Kokosmilch oder Messingschalen mit einer Flamme auf dem Kopf als Ausdruck des Dankes an ihren Gott. Nach hinduistischer Tradition wird der Götterwagen im Uhrzeigersinn einmal um den Tempel herum gefahren, also in Britz von der Blaschkoallee in den Britzer Damm, von hier durch die Hannemannstraße über die Riesestraße wieder zurück zum Ausgangspunkt. An jeder Straßenecke macht der Wagen halt, wo die Besuchenden die Möglichkeit haben, sich an Ständen mit geweihten kulinarischen Köstlichkeiten (Prasad) sich zu stärken und einen Segen mit nach Hause zu nehmen.
FAQ | Diwali
Wann ist Diwali in Indien? Wie lange dauert das Diwali-Fest?
Diwali wird in Indien, sowie allen Hindu-Communities weltweit am 15. Tag des Hindumonats Kartik (2. Oktoberhälfte/1. Novemberhälfte) gefeiert. Das Fest dauert 4 Tage.
Welche Bedeutung hat Diwali?
Diwali, auch genannt Dipawali (Dipa-Licht; Vali Kette) ist ein Lichterfest. Das Licht steht für den Sieg des Guten über das Böse. Während in Nordindien die Menschen die Heimkehr des Gottes Rama mit seiner Frau Sita aus dem 14-jährigen Exil bejubeln, feiern die Menschen in Südindien den Sieg des Gottes Krishna über den Dämonen Naraka, aus dessen Gefangenschaft er 16000 Frauen befreite.
Wie gratuliert man zu Diwali?
Hindus wünschen sich „Happy Diwali!“oder „Shubh Diwali!“
Welche Rituale gibt es zu Diwali?
Die wesentlichsten Rituale bei Diwali bestehen im reiheweisen Aufstellen von Öllämpchen vor Fenster und Haustüren und im Aufhängen von Lichterketten. Viele große Städte sind hell erleuchtet. Am ersten Tag werden neue Kleider, Schmuck und Kochutensilien gekauft, am zweiten Tag vor Sonnenuntergang ein Bad genommen. Auch Besuche, Aufführungen und Feuerwerk gehören dazu.











