Religionswissenschaftlerin und Indologin Wissenschaftliche Referentin für Weltreligionen Lehrbeauftragte für Indische Religionen
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Religiöse Feste in Berlin aus den vergangenen Jahren- eine kleine Chronik

Hier finden Sie Feste der verschiedenen Religionen aus den vergangenen Jahren. Sie erfahren, wie Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten oder Christen ihre Feste in Berlin gefeiert haben. 

Losar-das Tibetische Neujahr

 

Am 5. Februar 2019 feiern die Tibeter weltweit Losar, das Tibetische Neujahrsfest. Das ist der Beginn des Jahres 2146, das im Zeichen des Schweines und im Element Erde steht, also das „Jahr des Erdschweins“. Auch im tibetisch-buddhistischen Tempel Tendar Chöling in Berlin Charlottenburg, welches in der Tradition der tibetisch-buddhistischen Schule der Gelugpa steht, haben sich heute viele Gäste versammelt. An den Wänden des Tempelraumes hängen zahlreiche Thangkas, das sind bunte seidene Rollbilder mit Darstellungen tibetischer Götter und Boddhisattvas. Auf einem altarähnlichen Podest thronen verschiedene Buddhastatuen, darunter Shakyamuni, der Buddha der Gegenwart, dessen engste Gefährten Shariputra und Maudgalyayana sowie Tsongkhapa, der Begründer der Gelugpa-Schule. Neben einer Reihe von 21 silbernen Schalen, die randvoll mit Wasser gefüllt sind, befinden sich Blumensträuße, Kerzen und Obstteller. Auf einem blumengeschmückten Stoffberg wurde anlässlich des Festes das Bild des Dalai Lama errichtet.

Viele deutsche Mitglieder und Freunde des Tempelvereins sowie Buddhistinnen und Buddhisten, deren Familien aus Tibet stammen, beteiligen sich heute an der Festgestaltung. Die tibetischen Frauen tragen ihre traditionellen Chupas, d.s. lange seidene Wickelkleider mit buntgestreiften Wollschürzen, die Männer Kurtas, knielange bestickte Oberhemden aus Seide.

Zu Beginn des Festabends werden Lamrimtexte (Lamrim, tibet., lam:, „Pfad“, rim: „Stufen“) aus einem grünen Heft rezitiert. Sie bezeichnen im tibetischen Buddhismus eine Zusammenstellung von Anleitungen, die den stufenweisen Weg zur Erleuchtung darstellen.  Danach sprechen alle Anwesenden das Langlebensgebet für den 14. Dalai Lama, geführt durch den im Tempel residierenden tibetischen Mönch Geshe Rigzin Gyaltsen. Nach einem weiteren Lobgesang tibetischer Männer begeben sich alle zum reichgedeckten Buffet, dass neben vielen verschiedenen selbstgemachten Speisen vor allem auch traditionell tibetische Gerichte, wie Momos- gefüllte Teigtaschen, Gemüsereis und Tsampa- süßes Gerstengebäck enthält. Bei einem Chang, dem  tibetischen Gerstenwein wünschen sich die Gäste gegenseitig „Losar Tashi Delek“-„Alles Gute zum Neuen Jahr !“

Karva Chauth- Fasten der Ehefrauen für ein langes Leben der Männer

 

Karva Chauth im Sri Ganesha Hindutempel Berlin

Im Sri Ganesha Hindutempel Berlin feiern heute die Frauen Karva Chauth, ein Fest zu Ehren der Männer. Frauen aus Nordindien, Südindien und Afghanistan haben Opfergaben in Form von Essen mitgebracht. Die Frauen, von denen die meisten in einen roten Sari oder roten Salwa Kamiz gekleidet sind, sitzen im Kreis auf dem Boden. Auf ihrem Schoß haben sie einen Teller (Thali) mit Früchten, Brot, einem Stück Stoff, ein Gefäß, genannt Karwa, in dem sich geweihtes Wasser befindet, sowie einen Kerzenständer, der aus Teig geformt wurde. Nun beginnen die Frauen mit der Karva Chauth Gita, einem Lied, das anlässlich des Festes gesungen wird. Dabei gibt jede den Teller im Uhrzeigersinn an die nächste Frau weiter, so dass jeder Teller durch die Hand jeder Frau geht, und zwar 6mal. Nach der 6. Runde wechselt der Teller die Richtung, und bewegt sich entgegen dem Uhrzeigersinn. Dabei singen die Frauen den Karva Chauth Bhajan: "Veero Kudiye Karwada“

Geschichte des Liedes (Bhajan)

 Es gibt verschiedene Legenden um Karva Chauth. Die Geschichte des Punjabi-Liedes „Veero Kudiye Karwada“ handelt von einem Mädchen namens Veerawali, auch Veera genannt, das mit einem König verheiratet ist. Ihre sieben Brüder haben immer ein Auge auf sie. Als Veera zum ersten Mal Karva Chauth begeht, machen sie sich Sorgen um ihre Gesundheit, da sie ja an diesem Tag vom Sonnenaufgang bis zum Aufgang des Mondes weder essen noch trinken soll. Sie lassen deshalb im Dschungel einen falschen Mond erscheinen und bringen sie dazu, ihr Fasten schneller zu brechen. Dabei stirbt ihr Mann, und Hunderte von Nadeln befinden sich in seinem Körper. Da fordert eine Göttin sie auf, bei der nächsten Karva Chauth bis zum Tagesende zu fasten. Als der Tag von Karva Chauth endlich erscheint, geht sie aus, um Speisen für das Fest zu kaufen und lässt ihr Dienstmädchen mit ihrem Ehemann allein. Als Veerawali wiederkommt, ist ihr Ehemann zum Leben erwacht, hält aber das Dienstmädchen für seine Ehefrau und behandelt Veera wie das Dienstmädchen. Traurig murmelt Veera jeden Tag den Satz: Die Königin wurde die Magd, die Magd wurde die Königin. Erst als der König das hört und sie um Erklärung der Worte bittet, erzählt Veera, was sich an Karva Chauth zugetragen hat. Nun erkennt der König in Veera seine Frau an und sie wird wieder Königin.

Was machen Frauen und Männer an diesem Tag?

Eine junge Frau aus Delhi in einem roten Sari und Henna-verzierten Händen, die mit ihren Freundinnen im Tempel sitzt, erzählt mir: „Ich habe den ganzen Tag vom Sonnenaufgang bis zum Mondaufgang gefastet, also nichts gegessen und getrunken. Ich habe für ein langes Leben meines Mannes gebetet und Zeremonien für ihn vollzogen. Am Morgen traf ich mich mit meinen Freundinnen, und wir haben unsere Hände gegenseitig mit Henna bemalt.“ Auf meine Frage, was denn die Männer an diesem Tag machen, antwortete sie: Essen und sich ausruhen.

Aber eigentlich sollten auch die Frauen an diesem Tag nicht arbeiten, sondern sich schmücken, mit Freundinnen treffen, gemeinsam singen, Rituale vollziehen und sich kleine Gaben überreichen. Die Männer sollten an diesem Tag wiederum ihre Frauen zum Dank mit Geschenken erfreuen.

Historischer Hintergrund und Tradition des Festes in Indien

Karva Chauth wird unter diesem Namen in den nordindischen Bundesstaaten Punjab, Rajastan, Uttar Pradesh, Himachal Pradesh, Haryana und Delhi im Hindumonat Kartik (Oktober /November) gefeiert. Ursprünglich fand das Fest zur Zeit der Weizenaussaat statt. Karva hieß der Topf, in dem der Weizen aufbewahrt wurde. Eine andere Tradition geht darauf zurück, dass eine Frau, nach der Heirat mit ihrem Mann neue Freundinnen in ihrem Umfeld sucht und sich mit ihnen austauscht, die Freundschaft feiert und für ein langes Leben der Ehemänner betet. In den Läden werden zu diesem Anlass extra Karva Chauth-Süßigkeiten, Karva-Chauth-Kleidung (traditionell rote Saris und Salwa Kamiz, da die Braut bei der Hochzeit rot trägt), Karva Chauth Schminke, Henna und Schmuck und Karwa-Chauth-Devotionalien angeboten. Schon am Abend vor dem Fest lassen sich die Frauen die Hände mit Henna bemalen. Am Tag selbst fasten sie vom Sonnenaufgang bis zum Mondaufgang. Sobald sich der Mond zeigt, gehen die Frauen mit ihren Männern hinaus und schauen sich durch ein Sieb in einem Wasserglas die Spiegelung des Mondes an, da sie ihn an diesem Tag nicht direkt ansehen sollten. Dann wird dem Mondgott Soma rituell geweihtes Wasser geopfert.

Südindische, Nordindische und Afghanische Hindufrauen feiern gemeinsam Karva Chauth

Der Sri-Ganesha-Hindutempel in Berlin wird überwiegend von Hindus, die aus den südindischen Bundesstaaten Karnataka, Kerala und Tamilnadu sowie aus Afghanistan stammen, besucht. Heute zu Karva Chauth haben sich aber auch Frauen aus Delhi und dem Punjab eingefunden, um dieses Fest zu zelebrieren. Auch die afghanischen Hindufrauen sind vertraut damit, da deren Hindureligiosität im Punjab beheimatet ist. Nach einer abschließenden Zeremonie für den Hindugott Ganesha sitzen Frauen aus Afghanistan, Südindien und Nordindien in Grüppchen zusammen und essen ein traditionelles Karva Chauth Gericht, das hier aus Reis, süßen Kichererbsen und Fladenbrot besteht.

Ter Tiruvila im Sri Mayurapathy Murugan Tempel

Im tamilischen Monat Purattati (August/September) feiern tamilische Hindus in Südindien und Sri Lanka das Eelanallur Tiruvila-Fest. Dieses Fest besteht aus 26 Festtagen, an denen besondere Zeremonien für den Gott Murugan und seine beiden Frauen zelebriert werden.

Ter Tiruvila im Sri Mayurapatthy Murugan Tempel Berlin am 11.09.2015

Auch in Berlin wird dieses Fest jedes Jahr von der tamilischen Hindugemeinde Sri Lankas begangen. Und seit die Gemeinde ihren neuen Tempel in der Riesestraße in Britz hat, können in diesem Stadtteil Besucher nun jedes Jahr im Spätsommer an der großen Wagenprozession des Gottes teilnehmen und mittels leckerer indischer Kostproben, die vorher dem Gott geweiht wurden, dessen Segen empfangen. Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildet nämlich der 24. Tag, an welchem das Ter Tiruvila, das Wagenfest stattfindet. Hier wird die Festtagsstatue Murugans in besonderer Weise geschmückt und mit Ritualen geweiht. Anschließend wird die Bronzefigur auf einer thronähnlichen Sänfte aus dem Tempel herausgetragen und unter jubelnden Zurufen der Gläubigen auf einen großen Götterwagen gesetzt.

Die Statue des Gottes Murugan wird in den Tempelwagen getragen

Nach einer Arati-Zeremonie durch den Priester wird nun an zwei Seilen, rechts von Frauen, links von Männern gezogen, der große Prozessionswagen in Bewegung gesetzt. Der Umzug auf der Straße ist von verschiedenen Ritualen begleitet. So findet sich auf einer Matte an der Straßenseite ein großer Berg mit Kokosnüssen, die von den Gläubigen zerschlagen werden. Das Zerschlagen der harten Schale symbolisiert die Opferung des menschlichen Egos. Nur so kommt das innere Göttliche, wofür das weiße Fleisch der Kokosnuss steht, zum Vorschein. An der Spitze des Prozessionszuges tanzen Männer zu Trommeln und südindischen Blasinstrumenten einen Opfertanz für Murugan. Auf ihren Schultern tragen sie Kavadis, das sind schwere mit Pfauenfedern, Blumen und Ketten geschmückte Holzbögen. Hinter ihnen singen Frauen tamilische Lobeshymnen. Einige Frauen tragen Silbertöpfe mit Kokosmilch auf dem Kopf als Ausdruck des Dankes an ihren Gott. Nach hinduistischer Tradition wird der Götterwagen im Uhrzeigersinn einmal um den Tempel herum gefahren, also in Britz von der  Blaschkoallee in den Britzer Damm, von hier durch die Hannemannstraße über die Riesestraße wieder zurück zum Ausgangspunkt. An allen Straßenecken befinden sich Stände mit geweihten kulinarischen Köstlichkeiten (Prasad), mittels derer sich die Prozessionsteilnehmer stärken und einen Segen mit nach Hause nehmen können.

Frauen tragen Kumbhatöpfe mit Milch auf ihrem Kopf zum Dank an Murugan.

Das jüdische Laubhüttenfest

Sukkot, das jüdische Laubhüttenfest

„Ein Fest der Hütten sollst du für dich sieben Tage lang machen, wenn Du erntest von Deiner Tenne und von Deiner Kelter……Denn es hat Dich der Ewige, dein Gott in allen deinen Erträgen und in all dem Werk deiner Hand gesegnet-nun kannst du auch fröhlich sein.“ (Dtn 16,13-15)

So lautet die Überlieferung der Tora. Nach dem jüdischen Kalender wird im vom 15.-22. Tischri (Okt./Nov.) das Laubhüttenfest gefeiert. Es wurde ursprünglich als ein Erntefest begangen, in dessen Mittelpunkt die Dankbarkeit für die Früchte des Landes stand. In dieser Zeit baut jede jüdische Familie für sich oder gemeinsam mit den Nachbarn eine Sukka. Das ist eine Laubhütte, die aus Holz, Stoffen und Zeltplanen besteht. Das Innere wird mit Blumen, Blättern und Tannenzweigen geschmückt. Hier trifft man sich sieben Tage lang und isst und trinkt, singt gemeinsam und liest aus den heiligen Schriften. Ein weiteres wichtiges Symbol stellt der Lulav dar, ein Feststrauß, der aus vier Pflanzenarten besteht, dem Zweig einer Zitrusfrucht, eines Palmenzweiges, einer Myrte, und einer Bachweide.

Sukkot am Schabbat morgen in der  Synagoge Rykestraße in Berlin

Auch in Berlin wird in allen jüdischen Gemeinden das Laubhüttenfest begangen. So findet in verschiedenen Synagogen sieben Tage lang ein Morgengebet statt. In diesem Jahr 2015 betrifft das die Zeit vom 28.09.- 04.10. Auf einigen Hinterhöfen sind Sukkot, Hütten errichtet, in denen sich die Gläubigen zum gemeinsamen Feiern treffen. In der Synagoge Rykestraße z.B. steht auf dem Hinterhof des Synagogengeländes eine aus Holz errichtete Sukka, deren Dach aus Balken und Schilf besteht. Die Decke ist mit Girlanden, bunten Blättern und Früchten geschmückt. Am Schabbat der Sukkotfeierlichkeiten in diesem Jahr trifft sich hier die Gemeinde nach dem morgendlichen Gottesdienst zum Kiddusch. Der Tisch ist reich gedeckt mit Brot, Käse, Fisch, Eiern, Salaten und vielen Obstsorten. Zu Beginn des Mahles werden Barches, geflochtene Brotzöpfe herum gereicht. Nach dem der Cantor den Segen über den Wein und die Schabbat-Brote gesprochen hat, streuen sich die Gemeindemitglieder Salz aufs Brot, trinken den Wein und beginnen in fröhlicher Runde mit dem Schabbat-Mahl. Noch während des Essens werden Hefte herumgegeben und alle singen daraus Dankeslieder für den Ewigen und klopfen dabei auf den Tisch. Am Ende verabschiedet man sich mit einem „Chag Sukkot Sameach“,was übersetzt heißt : Frohes Sukkot-Fest !

Christi Himmelfahrt bei arabischen Christen

Um 10.00 Uhr beginnt der Gottesdienst in der St. Geogios-Gemeinde der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Antiochia (Rumorthodoxe) in Berlin-Zehlendorf. Bis 12.00 Uhr treffen Familien ein, die aus Syrien, Libanon, Palästina, Türkei und Irak stammen. Vor einer reich bebilderten Ikonostase singt ein Chor, bestehend aus Frauen und Männern, arabische Loblieder für Gott, der hier Allah genannt wird. Auch die Gebete werden in Arabisch gesprochen. Vor dem Altar befindet sich eine Ikone mit der Abbildung von Maria Himmelfahrt, denn heute ist der 14. August 2016, ein Tag vor dem Heiligen Fest für die Mutter Jesu. Am Montag ist die Kirche geschlossen, deshalb wird heute schon vorgefeiert. In einer Predigt würdigt Bischof Hanna Haikal in arabischer und deutscher Sprache die tugendreichen Eigenschaften von Maria und beglückwünscht alle Frauen, die diesen Namen tragen. Es folgt eine Prozession der Kommunionsgaben durch Bischof und Ministranten. Weihrauch wird der Gemeinde entgegengeschwenkt, welche sich ehrfürchtig verneigt. Dann stellen sich die Besucher im Mittelgang auf, um Korban (arab. Opfer, Opfergabe), d.i. in Wein getunktes Brot, zu empfangen. Nach dem Gottesdienst trifft man sich im Gemeindesaal. Alle Besucher haben gekochte und gebackene Speisen mitgebracht. An langen Tischreihen wird gegessen, geplaudert und gelacht. Die Band Habibi spielt auf, und unter Klatschen und lautem Rufen begeben sich Frauen und Männer jeder Altersstufe nach vorn, fassen sich an den Händen, drehen sich, springen und tanzen im Kreis. Die meisten von ihnen sind christliche Flüchtlinge aus Syrien. Sie haben in dieser Gemeinde ein Stück religiöse und kulturelle Heimat gefunden.

 

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