Zu allen Zeiten hat es Bewegungen zwischen verschiedenen Völkergruppen gegeben, was zur Folge hatte, dass sich die Kulturen der Mehrheitsgesellschaft und den Einwanderergruppen gegenseitig beeinflussten. So existiert weder eine reine Religion des Christentums, des Islams oder Judentums noch des Hinduismus oder des Buddhismus. Jede Religion ist Ausdruck ihrer geographischen Lage und des kulturellen Hintergrundes.
So enthalten muslimische Lehren auch jüdisches und christliches Gedankengut, buddhistische Lehren sind von hinduistischen, konfuzianistischen oder tibetischen Naturreligionen beeinflusst und Texte des Christentums weisen zahlreiche Spuren jüdischer, persischer oder griechischer Weltbilder auf.
Die Anhänger der Religionen übernehmen zudem je nach Verbreitungsort kulturelle Praktiken ihres Umfeldes. Europäische Muslime feiern Weihnachten, Thailändische Buddhisten bauen Geisterhäuschen für nichtbuddhistische Geister und Frauen der syrisch-orthodoxen Kirche tragen im Gottesdienst ein Tuch auf dem Kopf.
Darüber hinaus bestehen innerhalb jeder Weltreligion viele Richtungen und Abzweigungen.
Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Merkmale der 5 großen Weltreligionen Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus.
Die 5 Weltreligionen im Vergleich
A Herkunft
Judentum: Propheten, Erzväter (Mose, Abraham) als Lehrer und Übermittler göttlicher Regeln
Christentum: Jesus als Reformer jüdischer Gesetze und Überbringer neuer Glaubenslehren
Islam: Mohammed als Lehrer einer Ein-Gott Lehre und islamischer Verhaltensvorschriften
Hinduismus: Rishis als Offenbarer ewiger Weisheiten
Buddhismus: Buddha als Reformer hinduistischer Prinzipien und Lehrer eines neuen Weges
GEMEINSAMKEITEN: Ausgangspunkte waren gesellschaftliche Krisen, neue religiöse Lehren sollten die Gesellschaft stabilisieren und neue Heilswege aufzeigen
B Heilige Schriften
Judentum: Tora (Weisung), Offenbarung Gottes, Lehren d. Erzväter u. Propheten, Hebräisch
Christentum: Bibel (AT/NT), Lehren Jesu, der Propheten und Apostel, Hebräisch/Griechisch
Islam: Koran (Vortrag), Offenbarung Gottes, Lehren des Propheten Mohammed, Arabisch
Hinduismus: Veda (Wissen), Offenbarungen und Lehren der Rishis, Sanskrit
Buddhismus: Tripitaka (Dreikorb), in Suttas (Kapitel) unterteilt, Predigten Buddhas, Pali
GEMEINSAMKEITEN: Heilige Bücher, deren Inhalte als Lebensorientierung dienen
C Lehre von Gott
Judentum: Name Gottes in der Tora: JHWH, wird nicht ausgesprochen, stattdessen: Adonai, keine bildliche Darstellung
Christentum: Dreifaltigkeitsglaube: Gott-Vater, Sohn- Jesus und Heiliger Geist, Gottes Name je nach Landessprache, bildliche Darstellungen erlaubt
Islam: Name: Allah, der Einzige, wird von allen Muslimen, egal welcher Herkunft mit Allah angesprochen, keine bildliche Darstellung
Hinduismus: Zahlreiche Götter, regionale und Familiengötter, die wichtigsten: Brahma, Shiva, Vishnu, Durga, Ganesha; Verehrung eines Gottes meistens vor einem Bild oder Figur
Buddhismus: z.T. Glaube an universalen Gott, Buddha als höchstes Wesen und/oder verschiedene regionale Götter, Verehrung verschiedener Formen
GEMEINSAMKEITEN: Vorstellung von einem Gott: transzendentes Wesen, welches durch übermenschlicher Kraft das Schicksal der Menschen zu beeinflussen vermag.
D Rituale
Judentum: Feiertag: Schabbat (Freitag nach Sonnenuntergang - Samstag nach Sonnenuntergang), Kultstätte: Synagoge, Kulthandlungen u.a.: Gebete, Gesänge, Lesen der Tora, Predigt, Segen über den Wein (Kiddusch)
Christentum: Feiertag Sonntag, Kultort: Kirche:, Kulthandlungen u.a.:: Gesänge, Lobpreis, Gebete, Lesungen aus der Heiligen Schrift, Abendmahl/Kommunion, Segnung, Salbung, Kerzenzünden, Weihrauch
Islam: Heiliger Tag: Freitag, Kultort: Moschee (Masjid), Kultspezialisten: Imam, Shaikh, Mullah, Hodscha, Kulthandlungen u.a.: Predigt und Gebet, 5 Säulen: Glaubensbekenntnis (Shahada), Gebet (Salat), Armensteuer (Zakat), Fasten (Saum), Pilgerfahrt (Hajj)
Hinduismus: Heilige Tage der Woche: Dienstag und Freitag, Kultstätte: Tempel (Mandir, Kovil) Priester (Pujari); Kulthandlungen: Puja -Opferhandlungen für die Götter, Archana individuell gewünschte anlassbedingte Rituale
Buddhismus: Heiliger Tag: Vollmondtage, Tempel: Vihara (ind., sri lank.) Pagode (chin., vietnam.) Wat (thail.), Dojo (jap.), Mönche (Bikkhu), Nonnen (Bikkhuni), Kulthandlungen: Blumen- und Speisegaben, Mantrenrezitation, Räucherstäbchen, Musizieren, Meditationen
GEMEINSAMKEITEN: Umrundungen eines Heiligtums im oder entgegen dem Uhrzeigersinn, Kaaba, Hindu- und buddhistische Tempel und Berge, Torarolle um den Altar
Die wichtigsten Festzeiten
Judentum: Pessach: Auszug aus Ägypten, Sukkot: Laubhüttenfest, Erntefest, Chanukka: Tempelweihfest
Christentum: Weihnachten (Geburt Jesu), Karfreitag (Tod Jesu), Ostern (Auferstehung Jesu), Erntedankfest
Islam: Ramadan, Id ul-Fitr: Fastenbrechenfest, Id ul-Adha: Opferfest, Maulid an-Nabi: Muhammads Geburtstag
Hinduismus: Navaratri: Erntefest für die Göttin Durga, Shivaratri,: die Nacht Shivas Ganesha Chaturthi: Geburtstag des Gottes Ganesha
Buddhismus: Vesak: Geburt, Erleuchtung und Nirvana Buddhas (Vesak)
GEMEINSAMKEITEN: Erntefeste und Geburtstage von Göttern und Religionsgründern
E Verhaltensvorschriften
Judentum: Reinheitsvorschriften (Kascherut): Rituelle Waschungen, strenge Handlungsverbote am Schabbat; Speisevorschriften: Keine Vermischung von Fleisch und Milch, Fleisch von Wiederkäuern, deren Hufe voll gespalten sind, Schächtung der Tiere; Kleidervorschriften abhängig von liberaler o. orthodoxer Richtung: Männer: Kopfbedeckung (Kippah), Gebetsschal (Tallit), Frauen z.T. Röcke, Tuch auf dem Kopf
Christentum: Reinheitsvorschriften: keine, jedoch Anpassung an regionale Traditionen, Speisevorschriften v.a. in Orthodoxen Kirchen: Fasten, besondere Gruppen: kein Schweinefleisch, Kleidervorschriften: keine, besondere Gruppen : Kopfbedeckung bei Frauen
Islam: Reinheitsvorschriften (Halal) : Körperwaschung vor dem Gebet, Speisevorschriften: kein Alkohol, kein Schweinefleisch, Fleisch geschächteter Tiere, Kleidervorschriften: Kopfbedeckung für Frauen, lange fließende Gewänder für Frauen und Männer
Hinduismus: Reinheitsvorschriften streng nach Kaste, Sippe, sozialer Schicht oder Beruf geordnet, Speisevorschriften für alle: kein Rindfleisch, kein Alkohol, vegetarische Ernährung ist besonders verdienstvoll, Heiratsvorschriften nach Kasten und Familientraditionen
Buddhismus: Reinheitsvorschriften abhängig von kulturellen Traditionen, körperliche Distanz zwischen Ordensangehörigen und Laien, Speisevorschriften: teilweise kein Alkohol, Verzicht auf Fleisch, Kleidervorschriften: nur für Ordensangehörige
GEMEINSAMKEITEN: Ethische Normen in allen Religionen, Gebote und Verbote für ein sittliches, gerechtes und friedvolles Leben
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